Die Kenntnis der Obstsorten erhalten: Über 800 Obstbäume in Kreuzwertheimer Ehrlichsgärten beschildert

Schöner aus Miltenberg, Geflammter Kardinal, Geheimrat Dr. Oldenburg und Langer Grüner Gulderling – trotz klangvoller Namen kennt kaum noch einer die zahlreichen Streuobstsorten, die unsere Heimat mit vielfältigem Obst und wertvollen Biotopen bereichern. „Das Wissen um die Obstsorten schrumpft parallel zur Sortenvielfalt und parallel zu den Streuobstwiesen an sich“, fürchtet Christian Salomon, Biodiversitätsbeauftragter an der Regierung von Unterfranken. Damit drohten nicht nur kulturelle Schätze, sondern auch ein Reservoir an widerstandsfähigen und lokal angepassten Nahrungspflanzen verloren zu gehen. Mit dem Interesse am Streuobst schwänden schließlich auch die Lebensräume für Streuobstvögel, Kleinsäuger, Pilze und unzählige Insekten.
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100 Sorten in den Ehrlichsgärten
Die Regierung von Unterfranken hat mit Unterstützung durch den Naturpark Spessart e.V. nun über 800 Bäume im Kreuzwertheimer Streuobstgebiet „Ehrlichsgärten“ beschildern lassen. In den Vorjahren hat dort die Schlaraffenburger Streuobstagentur rund 100 Apfel- und Birnensorten bestimmt sowie den Zustand von fast 2.700 Bäumen beschrieben. Ein Schild bekamen nun alle Bäume, die in einem relativ guten Zustand sind und deren Sorte eben bestimmbar war. „In erster Linie wollen wir damit die Eigentümer und Nutzer der Obstbäume unterstützen und motivieren“, erklärt Kreuzwertheims Bürgermeister Klaus Thoma, der die Naturschutzmaßnahmen in den Ehrlichsgärten mit großem Engagement unterstützt. Es solle kein „Sortenmuseum“ sein, sondern ein Push zur Pflege und Nutzung der Obstbäume. Interessierte Spaziergänger werden gebeten, die Eigentumsrechte zu respektieren und auf den Wegen zu bleiben. Auf keinen Fall dürften Weidekoppeln mit Rindern oder Pferden betreten werden, um nach beschilderten Obstbäumen zu schauen.

Kaum noch Sortenkenner
Die Pomologie (Lehre der Obstarten und -sorten) ist etwas für absolute Spezialisten. Viele Sorten kommen nur regional oder lokal vor, wurden nie offiziell beschrieben oder haben je nach Gebiet verschiedene Namen. Auch lässt sich längst nicht jeder Baum bestimmen. Manchmal bleiben die Früchte aus oder es handelt sich um „Wildlinge“. Ein weiteres, noch deutlich umfangreicheres Streuobstsorten-Projekt finanziert die Regierung von Unterfranken derzeit in den Landkreisen Aschaffenburg und Miltenberg. Am Bayerischen Untermain wird seit 2019 nach seltenen Lokalsorten gesucht, um diese über Baumschulen zu erhalten und zu vermehren. „Eigentlich sind wir schon 20 Jahre zu spät“, meint Schlaraffenburger Geschäftsführer Alexander Vorbeck. Einige wichtige Obstkenner seien bereits gestorben und hätten Ihr Wissen mitgenommen.

Nachpflanzung und Pflegeschnitte
In Kreuzwertheim wurde indes ein ganzes Maßnahmenpaket zum Erhalt der überalterten Streuobstbestände auf den Weg gebracht. Der Naturpark Spessart e.V. hat mit beeindruckenden Vogel- und Käferkartierungen den Wert der Obstwiesen aufgezeigt und bereitet aktuell eine Nachpflanzung von 100 Bäumen vor. Der Landschaftspflegeverband Main-Spessart will 2021 mit Entbuschungen und Baumpflegeschnitten loslegen. Die Marktgemeinde und die Bezirksregierung planen weitere Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit. Und vielleicht am wichtigsten: Zahlreiche Eigentümer und Streuobstnutzer beteiligen sich aktiv und interessiert an diesen Maßnahmen.

Ergänzende Anlagen und Informationen, sowie gegebenenfalls Bilder mit Bildunterschriften können Sie im Internet unter folgendem Link https://www.regierung.unterfranken.bayern.de/presse/pressemitteilungen/archiv/2020/252/index.html  abrufen.